Optikernetz befragt junge Unternehmer in der Branche dazu, wie sie sich den kleinen und großen Herausforderungen des Berufes stellen. Lesen Sie heute unser Interview mit Ines Betlei, Inhaberin von „Brillenstation“ in Darmstadt.
Optikernetz: Frau Betlei, haben Sie ein Vorbild in der Arbeitswelt, das Sie inspiriert?
Ines Betlei: Ein direktes Vorbild habe ich nicht, allerdings fand ich schon immer die kleinen Inhabergeführten Läden super spannend und mutig.
Optikernetz: Wieso sind Sie Selbstständige und Betriebsinhaberin? Hatten Sie als Azubi und Gesellin schon konkret auf die Selbstständigkeit hingearbeitet, oder hat sie sich „einfach so“ ergeben?
Ines Betlei: Ein tiefer Wunsch selbstständig zu sein war schon in der Ausbildung da. Aus diesem Grund habe ich auch von inhabergeführten Geschäften bis hin zum Filialisten alles mitgenommen und überall meine Erfahrungen gesammelt. Nach der Meisterschule ist dieser Wunsch irgendwie in den Hintergrund gerutscht bis zu einem Schlüsselerlebnis wo ich mir gedacht habe: „das kann ich besser“.
Optikernetz: Was können sie den jungen Leuten, die einen Schritt in die Selbstständigkeit wagen möchten oder aber seit kurzem selbständige Betriebsinhaber sind, als Tipps mit auf den Weg geben?
Ines Betlei: Ich kann nur jedem Raten den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Für mich ist es das Beste was mir passieren konnte! Mein Tipp: Nur Mut, aber holt euch Hilfe!!!! Ich bin diesen Weg komplett ohne Eigenkapital gegangen, allerdings hatte ich verdammt gute Berater an meiner Seite, die mich unglaublich gut unterstützt haben. Vielen Dank an die AOS Unternehmensberatung aus Dortmund!
Optikernetz: Was war Ihr größter Fehler in der Anfangszeit der Selbstständigkeit, den junge Selbstständige heute vermeiden sollten?
Ines Betlei: Mein größter Fehler: Ich habe mich nur auf meinen Laden konzentriert, war jeden Tag in der Arbeit und habe nur 1 Woche Urlaub in 2 Jahren gemacht. Dadurch habe ich mich und meine Gesundheit vernachlässigt. Als Neu-Selbständige hab ich mir Sorgen gemacht, was denn die Kunden so denken. „Frisch aufgemacht und schon im Urlaub… die hat‘s wohl nicht nötig … usw.“ Mittlerweile denke ich mir: Nichts ist mehr wert als die Gesundheit… und die Leute werden eh das denken, was sie denken wollen. Also macht Urlaub, nehmt euch euren freien Tag und steht einfach dazu!
Optikernetz: Was ist das Beste am selbstständig sein, was das Schlechteste?
Ines Betlei: Das Beste am selbständig sein: man kann sich aussuchen mit wem man zusammenarbeitet und man ist sein eigener Chef. Das Schlechteste: man macht sich nicht nur Sorgen um sich, sondern auch um seine Mitarbeiter (wenn‘s mal schlecht laufen sollte).
Optikernetz: Vernetzen Sie sich mit anderen Jungunternehmern aus der Augenoptik, tauschen sich aus, geben sich Tipps? Gibt es einen spürbaren Zusammenhalt, oder ist man doch eher Einzelkämpfer und sieht die anderen als „Konkurrenz“?
Ines Betlei: Ich finde es sehr wichtig sich mit Kollegen/Unternehmern jeden Alters auszutauschen und sich auch gegenseitig zu helfen. Nur so haben wir in Zukunft überhaupt eine Chance gegen die ganzen Monster-Ketten. Unsere Welt ist ohnehin schon egoistisch genug!
Optikernetz: Wir beobachten, das viele Azubis nach der Ausbildung der Augenoptik den Rücken kehren. Was muss sich Ihrer Meinung nach in der Augenoptik ändern, damit mehr junge Menschen in der Augenoptik bleiben / in die Augenoptik finden / sich selbstständig machen?
Ines Betlei: In der Ausbildung fehlt definitiv der Spaßfaktor. Natürlich lernt mein Azubi alles was er als richtiger Geselle später braucht. Sogar die Werkstatt, was bei Filialisten oft vernachlässigt wird. Allerdings darf er auch sehr oft einfach mal machen, was ihm Spaß macht. Und dann entstehen so coole Dinge wie eine Brillenschablone für den Cappuccino Kakao. Oder er sieht beim Spielen mit unseren Bürohunden selbstständig, dass er vergessen hat die Ecken zu saugen. Man muss seinen Mitarbeitern auch mal Freiraum zum Selberdenken lassen. Ich führe mein Geschäft so, wie ich es mir selber als Angestellte immer gewünscht hatte und die Arbeit meiner Mitarbeiter zeigt mir, dass ich damit den richtigen Weg gehe.
Optikernetz: Vielen Dank für das Interview, Frau Betlei!